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Sherlock Holmes und die Hexe von Bamberg

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Bilder

Fotos: St. Simis

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Programm-Heft

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Kritik

Sherlock Holmes und die Hexe von Bamberg
„You encounter Holmes for the first time. And that´s it – you fall in love.
Kann man sich dem Charme von Sherlock Holmes und seinem Begleiter Watson – einmal gesehen – entziehen? Nach dem vergangenen Wochenende weiß man am E.T.A. – man kann es sicherlich nicht und schon gar nicht, wenn der Fall der beiden britischen Traditionsermittler in Bamberg spielt und dann auch noch auf so charmante und raffinierte Weise dargestellt wird, wie von unseren Schülern der achten und neunten Jahrgangsstufe!
Das Publikum des unter der Leitung von Franziska Schmitz aufgeführten Theaterstückes „Sherlock Holmes und die Hexe von Bamberg“ von Uli Spies konnte sich am Freitag- und Samstagabend in der Mensa des E.T.A.s jedenfalls nun wirklich ganz und gar nicht dem kriminalistischen Spürsinn der beiden Meisterdetektive entziehen, die – eigentlich auf dem Weg zu den Wagner-Festspielen nach Bayreuth – in der Stadt Bamberg ihr Quartier aufschlagen müssen. Mir nichts dir nichts stoßen sie natürlich gleich auf einen ungelösten Mordfall, der brutal genug an ein unrühmliches Kapitel der Bamberger Vergangenheit anzuknüpfen scheint – die Hexenverfolgung.
Gleich zu Beginn des Stücks wird daran erinnert, wenn unter choralen Klängen ein düsterer Reigen der Inquisition einzieht, der in dunkelrote Seide gekleidet die Verurteilung Johanna von Ulrichsteins als Hexe ausspricht. Das schemenhaft beleuchtete Kreuz wirft einen dunklen Schatten auf die Szenerie und es zeigt sich, dass die Techniker (Tibor Vaaßen, Leo Thiele, Alwin Hellwich, Antonio Echaniz, Noah Tuzolana, Paul Wunner) ihr Handwerk verstehen, die Stimmungen durch Licht- und Tonuntermalung eindrucksvoll zu untermauern. Dazu trägt in dieser Aufführung sicherlich auch die gelungene Verknüpfung mit einer Videosequenz bei, die das Publikum mitten in die nächtlichen, unheimlichen Gassen Bambergs entführt und das Verbrechen mitten in die Mensa holt.
Zum Glück reisen nun jedoch gerade Sherlock Holmes und Watson an, die den beiden Polizisten vor Ort bei den Ermittlungen bezüglich dreier Leichen tatkräftig unter die Arme greifen. Wenngleich sich das Publikum zunächst aufgrund des überzeugenden, tatkräftigen Spiels der beiden Lackenroders (Laurenz Hamann und Lilly Beyer) fragt, ob die beiden britischen Ermittler denn überhaupt nötig seien? Doch sicherlich mag die scharfsinnige Kombinationsfähigkeit Sherlock Holmes und die tatkräftige Unterstützung durch seinen Watson schon nach kurzer Zeit überzeugen. Und dies nicht nur bei den ersten beiden Darstellern, denn die Chef-Ermittler werden später von Amelie Siegert und Emily Roubinian und zuletzt von Frederic Haag und Niklas Back abgelöst – doch dazu später mehr. Theo Sommer und Mona Stradtner übernehmen als Sherlock Holmes und Watson zunächst nicht nur das Schachspiel im Zug nach Bamberg zielstrebig und überzeugend, sondern spüren schon bald den perfiden Schachzügen eines Mörders in Bamberg hinterher. Und sobald das eigentliche Spiel beginnt, verlässt auch die Nervosität die beiden Detektive, die nun vor der weiteren mittels Zeichnungen ansprechend stilisierten Hintergrundkulisse abgeklärt ermitteln.
Man lernt nun nach und nach die weiteren Verdächtigen kennen, die mit der grausamen Ermordung dreier Männer zu tun haben müssen, die im Wahn von Hexen umgebracht worden zu sein scheinen – wie es der Drudenfuß auf ihrem Oberkörper, ein abgetrennter Mittelfinger und die durchtrennte Kehle jeweils vermuten lassen.
Da wäre als Verdächtiger zunächst der aufstrebende Frederick von Ulrichstein, der von der Ermordung eines Stadtrates profitiert und sich beim Schneider (Charlotte Hornung übernimmt nicht nur diese Rolle im Laufe des Stückes souverän und engagiert, sondern macht auch als Witwe und Nebendarstellerin Katharina von Ulrichstein eine sehr gute Figur) gerade ein neues Jackett nähen lässt. Jule Motyl überzeugt hier auf ganzer Linie in der Gestaltung des Karrieristen und adeligen Snobs.
Dann bringt sich als Verdächtige dessen Frau Fürstin Johanna von Ulrichstein, eine Ur-Ur-Ur-Enkelin der einst als Hexe verurteilten Ahnin, selbst ins Spiel. Durch den Tod ihrer Tochter Katharina traumatisiert, wie mehrere Rückblenden in unbeschwerte Vergangenheit zeigen, scheint sie phasenweise dem Wahn zu verfallen und nachts „unkontrolliert“ durch die Stadt zu schleichen. Sie wähnt sich daher selbst als Mörderin. Maja Wenker und Jana Peterson teilen sich die Rolle und vermögen beide die Noblesse und Verunsicherung der Adeligen gelungen herauszustellen. Dass der Tod ihrer Tochter Katharina sie immer noch verfolgt vermitteln beide Darstellerinnen gekonnt ebenso wie die Zerrissenheit und Undurchsichtigkeit der zwischen Klarheit und Wahn schwankenden Frau.
Und zuletzt wären da noch die drei Witwen, die unter der Boshaftigkeit jeder ihrer Männer gelitten haben und daher alle irgendwie verdächtig sind. Neben Charlotte Hornung stellen Allegra Roth und Jule Motyl die Witwen dar, die zwischen schlechtem Gewissen aufgrund möglicher Täterschaft und Trauer augenfällig agieren und deswegen dem Verhör von Sherlock und Watson ausgesetzt werden. Nicht nur Allegra Roth bleibt aufgrund ihrer so beherzt präsentierten Liebe zur Backkunst als tatkräftige Witwe in Erinnerung, auch Charlotte Hornung vermag ihr Leiden abgeklärt zu präsentieren.
Mittlerweile haben Amelie Siegert als Sherlock und Emily Roubinian als Watson die Ermittlungen ein ganzes Stückchen vorangebracht. Sherlock zeigt sich überzeugt, man merkt Amelie Siegert direkt den Spaß am detektivischen Spürsinn an, während Watson sich hier nun eher zurückhaltend und nachdenklich präsentiert.
Und nachgedacht werden muss mittlerweile viel, denn das Geschehen hat an Tempo aufgenommen, die Schachzüge werden immer rasanter gespielt. Die Stimmung in Bamberg ist aufgeheizt, zeitweilig ist der Schneider in Verdacht, das Volk wird zunehmend ungeduldig, die Adelige Johanna von Ulrichstein wird nächtens vom Ehemann vermisst – hat sie im Wahn wieder zugeschlagen? Und was weiß ihre Kammerzofe Sophie – einen sehr vertrauten Umgang mit Frederik von Ulrichstein stellt in dieser Rolle Allegra Roth sicher dar. Die Witwen rätseln verräterisch – das Publikum rätselt verzweifelt mit und versucht den schnellen Gedankengängen von Sherlock und Watson zu folgen. Es ahnt, dass es etwas mit der bewussten Provokation Fredericks (mittlerweile überragend dargestellt durch Maja Wenker) durch Sherlock auf sich haben muss. Frederick von Ulrichstein, der doch gerade noch als Arzt und Mann von Johanna von Ulrichstein Glück und Fürsorge gegenüber seiner Frau zu verkörpern schien, wird jedoch beschützt. Denn engagiert und direkt machen die beiden fränkischen Lackenroders (Polizisten) deutlich, dass mit ihnen nicht nur leckeres Bamberg Bier zu trinken, sondern jederzeit mit ihnen zu rechnen ist (Laurenz Hamann und Lilly Beyer überzeugen immer wieder durch ihre Präsenz und Stimmlichkeit) – und stellen die englischen Chef-Ermittler kurzerhand unter Arrest.
Und als zuletzt in diesem Tumult um Frederick von Ulrichstein ein lautstarker Schuss das Publikum fast von seinen Sitzen holt, scheint der Höhepunkt des Geschehens erreicht. Doch bei weitem nicht.
Erneut wechseln die Darsteller. Denn noch ist das Rätsel nicht geklärt und es sind weitere engagierte Detektive gefragt – und das sind Frederic Haag (als Sherlock) und Niklas Back (als Watson) in der Tat. Nicht nur optisch sind die beiden ein Ermittler-Team par excellence. Mit gelungener körperlicher und stimmlicher Gestaltung vermitteln sie nun Tatendrang und Aufklärungswillen. Klasse, wie Watson hier gleichberechtigt neben Sherlock seinen Detektiv steht – ein Sherlock der sich nun als klassisches Genie und Nerd offenbart. Ihre heimlich durchgeführte Ermittlungstaktik führt schlussendlich zum Erfolg. Nach kurzweiligen 70 Minuten wird der Täter entlarvt – wozu zuletzt auch noch Nebel- und ein weiterer überzeugender Polizei-Einsatz der fränkischen Polizisten beitragen. Der Show-Down in den Katakomben zeigt dabei, dass Hexen bei den Morden jedoch nicht ihren Besen im Spiel hatten. Ein letzter verschlüsselter Hinweis in der Bibliothek des Ulrichsteinschen Anwesens führt zur Auflösung. Glück für alle, die diese Enträtselung an einem der beiden gelungenen Abende verfolgen konnten. Franziska Schmitz hat hierzu mit sicherem Gespür für Requisite und stilisierter Gestaltung des Geschehens sowie taktisch geschicktem Einsatz jedes Einzelnen der sehr engagierten Schauspieltruppe beigetragen. Dass diese am Ende so beherzte Worte für Regie und Technikteam fanden, zeugt vom Zusammenhalt der ganzen Crew.
And that´s it – you fall in love.  

A.    Kießling

 

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