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Gymnasium Bamberg

Auf den Spuren von Justitia

Am 08.12.2015 machte sich das W-Seminar WR (Q11) auf den Weg in das Amtsgericht, um Gerichtsverhandlungen live miterleben zu können. Ein Prozess wegen Körperverletzung wurde jedoch bereits nach kurzer Zeit beendet, da eine Zeugin nicht teilnehmen konnte. Grundsätzlich ist man verpflichtet, zum geladenen Termin vor Gericht zu erscheinen, besondere Umstände ermöglichen aber, dass eine Abladung erfolgt. Der Richter gab die Gründe dafür bekannt, überprüfte die Personalien des Angeklagten und sprach mit ihm über seine aktuelle Situation. Da eine Verhandlung ohne diese Zeugin, die ihren Lebensgefährten wegen Körperverletzung angezeigt, diese Anzeige jedoch wieder zurückgezogen hatte, zu keinem Urteil führen würde, wurde ein neuer Verhandlungstermin anberaumt.
Nachdem der Angeklagte mit seinem Verteidiger den Saal verlassen hatte und den anderen beiden Zeugen die Verschiebung der Verhandlung bekanntgegeben wurde, nahmen sich Richter und Staatsanwalt Zeit, um unsere Fragen zu beantworten. Zunächst erhielten wir genauere Informationen zu diesem Strafverfahren, das aus dem Bereich häusliche Gewalt stammt und keinen Einzelfall darstellt. Die beiden Juristen erzählten uns außerdem einiges über ihre Ausbildung und ihren Arbeitsalltag sowie die vielfältigen Berufsmöglichkeiten, die das Jurastudium ermöglicht.
Da an diesem Tag am Amtsgericht keine weiteren Verhandlungen stattfanden, die für einen Besuch mit einer Schülergruppe geeignet gewesen wären, gingen wir spontan in das Landgericht. Dort wurden wir in einen Sitzungssaal geführt, in dem gerade ein Mordprozess verhandelt wurde. Vor fast einem Jahr war ein 27-Jähriger nach der Einnahme von Gamma-Butyrolacton (GBL; sogenannte "K.O.-Tropfen") gestorben, ein heute 25-Jähriger überlebte den Konsum nur knapp. Die Staatsanwaltschaft Bamberg hat Mordanklage gegen einen 24-Jährigen erhoben, der diese Droge zu einer Party mitgebracht hatte. Ihm wird vorgeworfen, die Gäste nicht auf die Gefahren des Konsums hingewiesen zu haben, obwohl er wusste, dass GBL lebensbedrohlich sein kann. Außerdem soll er den Geschädigten später keine Hilfe geleistet haben, was seine Pflicht gewesen wäre.
Mit Spannung verfolgten wir den Prozess, der bereits am Vortag begonnen hatte und auch in den nächsten Tagen fortgesetzt wurde. Am 10.12. fiel das Gerichtsurteil, das wir der Presse entnehmen konnten: Der Angeklagte wurde wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Bis zuletzt hatte der Staatsanwalt an der Mordanklage festgehalten und siebeneinhalb Jahre Haft gefordert. In der Urteilsbegründung wurde jedoch verdeutlicht, dass der Mann nicht vorsätzlich gehandelt habe. Da der Verurteilte bereits ein halbes Jahr in Untersuchungshaft verbrachte, muss er von der Strafe noch zwei Jahre verbüßen. Einen Teil davon soll er in einer Entziehungsanstalt verbringen, um seine Drogenabhängigkeit in den Griff zu bekommen.

Die beeindruckenden Besuche von Amts- und Landgericht boten viel Stoff zur Diskussion und die Schüler haben jetzt eine genaue Vorstellung davon, wie Gerichtsverfahren in der Praxis ablaufen.

Tatjana Wettschureck