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Zinnfiguren, „Wasserspiele“ am Brunnen und Schießübungen

ktion „Zinnfiguren bemalen“
Der letzte Freitagnachmittag mit dem Wahlkurs „Abenteuer Museum“ hatte erneut eine Burg zum Ziel. Diesmal nutzten wir die bequeme Anfahrt mit dem Plassenburg-Express. Oben angekommen wurden wir von Frau Decker von der Stadt Kulmbach ins Zinnfigurenmuseum geführt. Dort stand „Praxis“ auf dem Programm. Jeder durfte sich drei Zinnfiguren aussuchen und diese mit Acrylfarben nach eigenen Vorstellungen bunt bemalen. Für die „Museumsabenteurer“ war es eine interessante Erfahrung und willkommene Abwechslung, für die Heimarbeiterinnen früherer Jahrhunderte bedeutete es freilich eine mühevolle, anstrengende Tätigkeit bei schlechter Bezahlung.

„Am Brunnen vor dem Tore“
Im zweiten Teil des Nachmittags führte uns Herr Steiniger für die Bayerische Schlösserverwaltung durch die Waffensammlung. Los ging es jedoch mit „Wasserspielen“ am Brunnen, um zu verdeutlichen, wie lange man warten muss, bis das Aufschlagen des aus einem Eimer ausgekippten Wassers in der Tiefe zu hören ist. Nur mit Mühe konnte sich die Gruppe von diesem faszinierenden und in der Hitze erfrischenden Experiment losreißen.

Preußens Glanz und Gloria?
Innen wartete jedoch eine sehr interessante und kurzweilige Führung durch das Armeemuseum auf uns, das militärische Objekte aus dem 18 und frühen 19. Jahrhundert zu bieten hatte. Leider war das Fotografieren in der Ausstellung nicht erlaubt. So muss nun jeder selbst nach Kulmbach fahren, der einen echten Schlachtfeldfund mit Kopfdurchschuss bewundern will, den allerdings nicht der Feind, sondern ein getroffener Kamerad beim Hinfallen verschuldet hat. Kein Beweisfoto gibt es auch von der praktischen Übung, bei der das Schießen und Laden in Formation nachgespielt wurde. Zum Glück blieb es hier bei einer „Trockenübung“, starben doch oft 95% der Verwundeten bei Behandlungsversuchen ohne Antibiotika und Betäubungsmitteln, sofern man sie nach zwei bis drei Tagen auf dem Schlachtfeld überhaupt nach lebend auffinden konnte.

Soldaten in der preußischen Armee
Der Kürass, ein Brust- und Rückenpanzer, bot den Reitern der im Gegensatz zur Ritterrüstung aus dem Mittelalter genügend Bewegungsfreiheit. Wichtig waren die langen Rindslederstiefel, die als „overknees“ getragen wurden, um die Knie der Kürassiere zu schützen. Diese zogen dicht an dicht gedrängt nebeneinander in die Schlacht, damit die Pferde nicht ausscheren konnten. Wie Grenadiermützen mit Mützenblech, teils sogar mit Einschussloch, aussehen, muss ebenfalls der Fantasie des Lesers überlassen bleiben – sie zierten die eh schon hoch ragenden Köpfe der „langen Kerls“ (mindestens 1,85m), der Lieblingssoldaten König Friedrich Wilhelms I. Auch die Dragoner wurden vorgestellt, die ursprünglich ebenfalls Infanteristen waren, allerdings per Pferd von einem Schlachtfeld zum anderen „transportiert“ und wegen ihrer kümmerlichen Reitkünste anfangs verspottet wurden. Wesentlich wendiger waren die kleinen und leichten Husaren (maximal 1,70m), eine schnelle Kavallerie aus ursprünglich ungarischen Miettruppen, die auch als Kuriere dienten. Sie waren besonders beliebt bei der Damenwelt, der sie etwas bieten konnten, da sie allein das Recht zu plündern hatten. Und die Jäger? Als Jagdgehilfen mit „Outdoor-Erfahrung“ kamen ihnen besondere Aufgaben beim Erkunden und „Ausspähen“ zu.
Dass die Preußen ungemein schnell schießen wollten, verdankten sie ihrem Erfindungsreichtum, indem sie „Papierpatronen“ zum Aufbeißen als „Komplettpaket“ mit Kugel und Pulver verwendeten, sodass sie bei einem deutlich kürzeren Ladevorgang fünf bis sechs Schuss in der Minute feuern konnten, während es Russen und Österreicher nur auf zwei bis drei Schuss schafften.
Was war das schlimmste Vergehen damals beim Militär? Nicht das Zuspätkommen, für das es ebenfalls Prügel setzte, sondern der Ungehorsam! Die Höchststrafe beim „Gassenlaufen“ konnte ein Mensch normalerweise nicht überleben – noch heute ist die Redewendung „Spießruten laufen“ bekannt, allerdings für weniger drastische Schikanen.

Geschichte „zum Anfassen“
Höhepunkt der Führung war das Herumgeben einer echten Stichwaffe (ein Degen aus dem 19. Jahrhundert) und einer Hiebwaffe (ein bayerischer Infanteriesäbel von 1782) aus dem Privatbesitz unseres engagierten Führers. Geschichte konnte so „begriffen“ werden“, allerdings nur mit Vorsicht, da die Waffen durchaus noch scharf waren. Freilich sind es nicht die Waffen, die „böse“ oder „gefährlich“ sind, wie uns am Ende mit auf den Weg gegeben wurde, sondern der Mensch, sofern er sie mit schlechter Absicht führt.
Nach diesem ausgesprochen anschaulichen und lebendigen Nachmittag steht schon jetzt fest, dass es auch im nächsten Jahr eine Fahrt nach Kulmbach geben wird. Dann soll die größte Zinnfigurensammlung der Welt mit über 300.000 Einzelfiguren sowie 150 Dioramen, bei denen Geschichte im Kleinformat lebendig wird, bewundert werden. Natürlich darf auch ein Besuch der „Weißen Frau“ im Rahmen einer Führung durch die Außenanlagen der Burg nicht fehlen.

Bericht und Fotos: Angela Kestler