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Gymnasium Bamberg

„Jüdisches in Bamberg“

Was heißt eigentlich „Jüdisches“? Eine Religion, ein Volk, ein Land, eine besondere Kultur? Und wo begegnet es uns - in Geschichte und Gegenwart, in der Bibel, in der Zeitung? Einige Antworten dazu gab es für den Wahlkurs „Abenteuer Museum“ im Historischen Museum.
Aktivierung von Vorwissen
Noch vor Besuch der Ausstellungsräume zu „Jüdisches in Bamberg“ machte Eva-Ute Jacob vom „Erlebnis Weltkulturerbe“ deutlich, dass „Jüdisches“ gar nicht so „anders“ ist, denn auch im Christentum gibt es bestimmte Rituale und Vorschriften. So nehmen z. B. Jungen und Männer beim Eintreten in ein christliches Gotteshaus den Hut oder die Mütze aus Ehrfurcht ab, während männliche Juden ihr Haupt demütig bedecken. Ministranten in der Gruppe konnten von besonderen Gegenständen und Gewändern am Altar berichten, die durchaus Ähnlichkeiten mit manchen Inhalten des „Jüdischen Koffers“ hatten, den der Wahlkurs schon einmal bei einer früheren Veranstaltung erkunden durfte. Kein Wunder, denn Jesus war ja auch Jude, wie die Schülerinnen und Schüler richtig bemerkten, die eifrig an ihr Vorwissen aus dem Geschichts- und Religionsunterricht sowie an Alltagserfahrungen anknüpften und dabei auch auf schwierige Begriffe wie „Monotheismus“ kamen.
Feste und religiöse Bräuche
Gleich im ersten Ausstellungsraum wartete eine Art „Suchspiel“. Objekte aus dem „Jüdischen Koffer“ sollten Ausstellungsgegenständen im Museum, also dem Original, zugeordnet werden. Dadurch erhielt die Gruppe einen vertieften Einblick in Feste und religiöse Bräuche, aber auch weitere interessante Informationen, z. B. zur Pergamentherstellung: Wer hätte schon gedacht, dass Löcher in der Thorarolle von Insektenstichen auf der Kuhhaut herrühren können? „Highlihgt“ war freilich das Widderhorn (Schofar), das an Jom Kippur zur Versöhnung aufrief und nur von einem Posaunisten aus der Runde zum „Klingen“ gebracht werden konnte.
Wechselvolle Geschichte
Dass die Juden, das „auserwählte Volk“, eine ganz besondere, oft schlimme Geschichte erleben und erleiden mussten, wurde an verschiedenen Stationen verdeutlicht. Seit der Zerstörung Jerusalems durch die Römer lebten die Juden bis zur Gründung des Staates Israels nur in der Diaspora, also der „Zerstreuung“, mitten unter anderen Religionen und Völkern. Obwohl oder vielleicht gerade weil sie niemals missionierten, sondern eher für sich lebten und ihre Traditionen pflegten, waren Verurteile und Verleumdungen weit verbreitet, z. B. dass Juden angeblich christliche Kinder schlachteten, Hostien schändeten oder Brunnen mit Pestbazillen vergifteten. Im Mittelalter gab es viele „Erkennungszeichen“, die Juden tragen mussten und zu Ausgrenzungen führten, seien es ein gelber Stoffring oder ein spitzer „Judenhut“ für Männer oder drei blaue Streifen auf der Haube für Frauen. Häufig kam es zu Benachteiligungen oder gewaltsamen Übergriffen, den Pogromen. Wie bereits Körperhaltung und Attribute Jüdisches als „schlecht“ darstellen können, wurde durch Standbilder verdeutlicht, die der „Synagoge“ und der „Ecclesia“ aus dem Bamberger Dom nachempfunden wurden. Was es bedeutete zu konvertieren, wurde ebenfalls spielerisch veranschaulicht: Wenn ein „Karohemd“ zu den „Grünhemden“ übertritt, nur um z. B. Bürgermeister zu werden, verliert er als „Verräter“ den Rückhalt in seiner früheren Gemeinschaft, wird aber auch in seiner neuen Gruppe unter Umständen als „Eindringling“ oder „Opportunist“ abgelehnt. Dennoch gab es in Bamberg einige herausragende jüdische Mitbürger, die sich taufen ließen, wodurch ihre Karriere gefördert wurde, sei es nun der Arzt Dr. Adalbert Friedrich Marcus, der viel für Bamberg und die Kunst geleistet hat und nach dem Markushaus, Markusplatz und Markusbrücke benannt sind, oder der Jurist und Politiker Franz Ludwig Hornthal, der es bis zum Ersten Bürgermeister Bambergs schaffte und an den die Hornthalstraße erinnert. Im Ersten Weltkrieg kämpften Soldaten christlichen und mosaischen Glaubens nebeneinander, jüdische Bamberger stifteten den „Nagelritter“ zur Kriegsunterstützung. Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus endete die Phase der Emanzipation der Juden in Bayern wie in ganz Deutschland, es begannen Entrechtung, Verfolgung und Vernichtung, „Holocaust“ bzw. „Shoah“ genannt. Auch zu diesem schwierigen Thema arbeitete Frau Jacob schülernah mit Nachstellung von Szenen und Ansätzen der Aktualisierung Der Synagogenbrand in der Reichspogromnacht wurde durch eine Bilderfolge veranschaulicht und dabei auch an das traurige Schicksal Willy Lessings erinnert. Das Aufrufen von Informationen zu einzelnen „Stolpersteinen“ sowie das Betrachten der Installation „The Document Wall“ der jüdischen Künstlerin Gabrielle Rossmer regten zur Auseinandersetzung mit weiteren Einzelschicksalen an. Nicht vergessen wurde zum Schluss die Frage, wie es nach dem Krieg weiterging und wo die Israelitische Kultusgemeinde Bamberg heute zu finden ist.
„Abenteuerliches“ gab es zwar einiges zu hören und zu sehen an diesem Nachmittag - man denke nur an die „Irrfahrten“ der Mitglieder der jüdischen Familie Löbl. „Vergnüglich“ war es diesmal freilich nicht, eher bedrückend und zum Nachdenken – insbesondere über die Frage, was jeder Einzelne selbst heute dazu beitragen kann, um gegen Ausgrenzung, Verfolgung, Abschiebung und Ermordung von Menschen in unserer Zeit Zeichen zu setzen.

Bericht und Fotos: Angela Kestler