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Zeitreisen und Zeitsprünge

Die letzten beiden Veranstaltungen mit dem Wahlkurs „Abenteuer Museum“ konnten unterschiedlicher nicht sein, obwohl es jedes Mal nach Nürnberg ging: Während die Bayerisch-Tschechische Landesausstellung im Germanischen Nationalmuseum den spätmittelalterlichen Herrscher Karl IV. wirkungsvoll in Szene setzte, ging es im Museum für Industriekultur um neuere und neueste Erfindungen.

Nürnberg als mittelalterliche Reichsstadt:
Besuch bei Karl IV.

Ausgestattet mit Kopfhörern und dem Textheft „Das geheime Tagebuch Karls IV.“ wurden die „Museumsabenteurer“ am 14. Februar durch halbdunkle Räume geführt, in denen es fast von allen Seiten geheimnisvoll golden glänzte, Fotos jedoch leider verboten waren.

Zu Beginn wurde der Herrscher selbst in Stein gehauen auf seinem Thron bestaunt, angetan mit den Reichsinsignien und milde lächelnd. Etwas weniger würdig wirkte wenig später ein steinerner Löwe mit seinem lustigen Grinsen, der aussah, als spiele er die Titelrolle in „Der Löwe ist los“. Viele Bilder, Kunstwerke und kostbare Ausstellungsstücke zeugten von der Größe und der Religiosität des Herrschers, der sich nach einer schweren Turnierverletzung 1350 durch einen Rundrücken gezeichnet ins Leben zurückkämpfte und mit Feuereifer Reliquien sammelte. Eindrucksvoll war das Modell der „Goldenen Brücke in Prag“ mit dem Leichenzug des Kaisers, der sich über mehrere Kilometer hinzog. Daneben wurde aber auch Skurriles geboten, etwa eine mumifizierte Ratte als Zeichen für die Pestgefahr in dieser Zeit und ein „sexy“ Kleidungsstück des Herrschers. Sein Modebewusstsein führte sogar zu einer Ermahnung des Papstes, der sich zusammen mit den deutschen Fürsten darum sorgte, dass Karl „in viel zu kurzen und engen Kleidern die einem König angemessene Erhabenheit nicht wahre.“

Durch die fiktiven Tagebuchnotizen, die sich auf wahre Begebenheiten und Originalzitate stützten, wurden verschiedene Stationen im Leben des Kaisers veranschaulicht, so zum Beispiel seine erstaunliche Bildung: Karl sprach, schrieb und las Böhmisch, Französisch, Italienisch, Deutsch und Lateinisch. Kein Wunder, dass er in Prag die erste Universität nördlich der Alpen gründete! In Nürnberg ließ Karl nicht nur die Kaiserburg, sondern auch die Frauenkirche erbauen. An deren Stelle stand allerdings zuvor eine Synagoge - die Judenpogrome gehörten zu den „dunklen Kapitel“ dieser Zeit. In Nürnberg verabschiedete Karl 1356 die ersten Kapitel der „Goldenen Bulle“, die als „Wahlgesetz“ des Reiches bezeichnet werden kann. Und natürlich war die Stadt wichtig, weil hier der Nachfolger des Kaisers zur Welt kam. Auf diesen Sohn musste Karl freilich viele Jahre lang warten: Seine erste Frau, Blanca von Valois, hatte ihm bis zu ihrem frühen Tod „nur“ Töchter geschenkt, seine zweite Frau, Anna von der Pfalz, einen Sohn, der als Einjähriger starb (die Mutter folgte wenig später), erst eine dritte Frau, Anna von Schweidnitz, brachte 1361 den ersehnten Thronfolger Wenzel zur Welt, ehe sie ein Jahr später bei einer weiteren Geburt starb. Dass es bei den Heiraten weniger um Liebe ging als um Machtpolitik, lässt sich daran erkennen, dass der kleine Karl schon mit sieben Jahren verheiratet wurde und nach dem Tod seiner drei ersten Ehefrauen stets möglichst rasch wieder neue Verbindungen einging. Nur die vierte Ehefrau, Elisabeth von Pommern, überlebte ihren Gemahl, der 1378 in Prag starb, wo er 1316, also vor über 700 Jahren, geboren worden war – Grund für die Jubiläumsausstellung 2016/17 in Prag und Nürnberg.

Nürnberg als moderne Industriestadt:
Aktivitäten im Museum für Industriekultur

Ein deutlich frischerer Wind wehte am 17. März im Museum für Industriekultur in Nürnberg. Auch hier ging es um Geschichte, allerdings um Erfindungen, die an den Schülerinnen und Schülern deutlich näher „dran“ waren als die mittelalterliche Herrschaftsgeschichte.

Die engagierte Mitarbeiterin des KPZ erklärte zunächst die Entwicklung des Fahrrads von der Laufmaschine, auch „Draisine“ genannt, über das Hochrad mit Tretkurbel und dem niedrigen „safety bicycle“ mit Kettenantrieb hin zu moderneren Formen. Bis 1903 mussten übrigens alle Radfahrer (für Frauen war dieser Sport zunächst verboten, allein schon wegen der langen Röcke!) erst einen Führerschein ablegen, ehe sie auf den „Drahtesel“ steigen durften. Wie in Nürnberg seit 1904 sogenannte „Steherrennen“ abgehalten wurden, wurde als Nächstes verdeutlicht. Ein Filmausschnitt zeigte, dass der Motorradfahrer seine Maschine stehend lenkt, während der Radfahrer in dessen Windschatten mit bis zu 80 Stundenkilometern Durchschnittsgeschwindigkeit (beim Sprinten noch mehr!) hinter ihm her strampelt. Um Anweisungen zu verstehen, muss der „Schrittmacher“ vorne einen Helm mit „umgedrehten Ohren“ tragen, was durch ein kleines Experiment verdeutlicht wurde.

Ebenfalls sehr anschaulich ging es bei den technischen Vorführungen zu – zunächst der Betrieb einer Mühle mit Nutzung von Wasser oder Wind als „natürliche“ Antriebskräfte, danach die Dampfmaschine als neue Errungenschaft der Industrialisierung. Es war schon beeindruckend zu sehen, wie sich der riesige Kolben und die verschiedenen Treibriemen bewegten, an die dann Maschinen aller Art angehängt werden konnten. Aber auch die Vorstellung, dass 1 Liter Wasser fast bis zu 1700 Liter Dampf erzeugen kann, löste Verwunderung aus.
Wie Strom „funktioniert“, konnte im Stromlabor erkundet werden, wie sich der Haushalt und die Rolle der Frau von 1900 über 1930 bis 1960 veränderten, wurde mit Hilfe der „sprechenden Küche“ vorgeführt. Krönung des Tages war für die meisten Jungen und Mädchen die Einheit in der Abteilung „Computerspiele“: Hier konnte die Entwicklung von den 70er Jahren bis heute an zahlreichen Spielkonsolen praktisch erprobt werden. Ein „Geheimtipp“ freilich fand kurz vor Schließung des Museums ebenfalls noch starkes Interesse: die mechanische Schreibmaschine! Dass man Papier erst einmal einspannen muss, Tasten mit viel Kraft angeschlagen werden und Fehler nicht einfach korrigiert werden können, war für manche doch recht ungewöhnlich. Und so gingen alle an diesem Abend wieder um viele Erfahrungen reicher nach Hause.

 

Bericht und Fotos: Angela Kestler