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Gymnasium Bamberg

Vom Kalender bis zum Koffer

Der jüdische Kalender und die Feiertage

„Wir haben heute den 17. Heshvan 5777.“
So begann die Einführung in das Judentum, zu der wir Frau Pecht vom „Erlebnis Weltkulturerbe Bamberg“ in die Aula eingeladen hatten.

Der jüdische Kalender wirkt auf den ersten Blick wirklich etwas unübersichtlich. Manche Monate haben 30 Tage, andere 29, wieder andere einmal 29, einmal 30. Das liegt daran, dass im jüdischen Kalender die Jahre nach Sonnenphasen und die Monate nach Mondphasen gezählt werden. Gelegentlich gibt es sogar einen „Zusatzmonat“, der Adar II heißt, um Verschiebungen auszugleichen. Um mit Frau Pecht zu sprechen: „Das ist jetzt alles ein wenig kompliziert.“
Konkreter und leichter verständlich war dann schon der Blick auf einzelne Feier- und Festtage, die den Jahreslauf prägen. Viele von ihnen sind durch die jüdische Bibel, die Thora, vorgeschrieben, und werden so schon seit Jahrtausenden in einer festgelegten Form gefeiert. Überhaupt spielen Traditionen und feste Regeln eine wichtige Rolle im Judentum. Manches davon kannten einige bereits aus der Bibel, da sich auch Jesus als Jude mit den Regeln seiner Religion verbunden fühlte und so z. B. Pessach feierte. Anderes konnten wir mit Vorschriften aus dem Christentum vergleichen, zum Beispiel Regelungen zum Fasten. Dass man im Judentum „koscher“ kocht und isst, der Verzehr gewisser Tiere verboten ist und Milch und Fleisch nicht miteinander in Berührung kommen dürfen, erschien ebenfalls „etwas kompliziert“, insbesondere für die Hausfrau. Unterschiedliches Geschirr, Besteck, ja sogar Töpfe, Kühlschrankfächer oder Spülmaschinen sind nötig, wenn man diese Vorschrift ganz streng einhalten möchte. Interessant war auch, dass man im Judentum die „Zehn ehrfurchtsvollen Tage“ kennt, an denen man sozusagen sein Leben „in Ordnung bringt“ und „reinen Tisch“ macht, gewissermaßen „Hausputz“ nach innen und außen.

Geheimnisse des „jüdischen Koffers“

13 rätselhafte Gegenstände luden im zweiten Teil der Stunde dazu ein, in Partner- und Gruppenarbeit entschlüsselt und danach vor dem Plenum präsentiert zu werden.
Viele davon gehörten zum Sabbat, dem jüdischen Ruhetag, etwa die beiden Sabbatleuchter, deren Entzünden am Freitagabend den Festtag einleitet, der Kidduschbecher für den Wein, der Sabbatteller für die beiden geflochtenen Hefezöpfe, die Besamimbüchse mit wohlriechenden Gewürzen zum „Nachwirken“ des Festtages oder der Hawdala-Kerzenhalter, der eine geflochtene Kerze mit sechs Dochten trägt und in die neue Woche hinüberführt. Andere Gegenstände vermittelten ein Bild der Glaubens- und Gebetspraxis, z. B. die Kippa, die Kopfbedeckung jüdischer Männer, der Tallit, ein Gebetsschal mit Streifen und geknoteten Wollfäden an den Ecken oder die Teffilin, Gebetskapseln mit Lederriemen, die Thoraverse enthalten. Auch die Mesusa, eine kleine Kapsel, die am rechten Türpfosten der Eingangstüren befestigt wird, enthält eine kleine Pergamentrolle mit dem „Sch’ma Jisrael“, welches die Einheit und Einzigkeit Gottes verkündet. Wieder andere Gegenstände wurden als Symbole des Judentums schlechthin erkannt, insbesondere die Menorah, der siebenarmige Leuchter, der noch heute das Staatswappen Israels ziert, und die Thorarolle, die ersten Fünf Bücher Mose, mit Thoramantel (Mappa) und Thorazeiger (Jad), freilich nur in Miniaturform zur Veranschaulichung. Echte Thorarollen sind deutlich größer, immer aus Pergament gefertigt, handgeschrieben und werden im Laufe eines Jahres vom Anfang bis zum Ende vorgelesen. Diese Originale dürfte man nicht einfach aus dem Thoraschrein in der Synagoge entfernen und in die Schule schleppen, man könnte sie auch nicht mit den Händen anfassen und schon gar nicht bei Unbrauchbarkeit „entsorgen“, sondern sie müssten begraben werden. Besonderes Interesse fand ein rätselhaftes Horn, das nach einigen Fehlversuchen („Von einem Elefanten oder einem Nashorn?“) als Widderhorn (Schofar) identifiziert werden konnte. Es ruft die Gläubigen am Neujahresfest und zum Abschluss von Jom Kippur zu Buße und Reue auf, durfte an diesem Nachmittag aber leider nicht geblasen werden. Als Entschädigung dafür gab es ein unterhaltsames Kreiselspiel, das „Treideln“, bei dem mit viel Eifer um Bonbons gekämpft wurde.

„Jüdisches in Bamberg“ – Spurensuche und Erinnerung

Trotz des nasskalten bis regnerischen Wetters und schon bald beginnender Dämmerung machten wir uns nach diesem ersten Einblick zu einer Stadtführung auf, um Spuren der über tausendjährigen Geschichte des Judentums in Bamberg zu entdecken.
Erste Station war der Dom mit der Statue von König David, den „Teufelsfratzen“ im Inneren und „Synagoga“ und „Ecclesia“ am Fürstenportal. Bereits hier wurde deutlich, dass die jüdischen Mitbürger in Bamberg in vielen Phasen der Geschichte unter Ausgrenzung, Verleumdung und Verfolgung leiden mussten.
Erste Siedlungsspuren entdeckten wir in der Nähe der „Judengasse“ am Pfahlplätzchen, wo es eine Synagoge, eine „Schul“, eine Mikwe, jüdische Wohnhäuser und Geschäfte gegeben hatte. Mehrfach musste die jüdische Gemeinde Bambergs umziehen oder wurde gar völlig aus der Stadt verdrängt, bis es im 19. Jahrhundert für eine kurze Zeit zu einer Phase der Emanzipation kam.
Dass während des Nationalsozialismus in Deutschland der planmäßige millionenfache Massenmord an den Juden Europas verübt wurde, der über die Stufen „Entrechtung, Verfolgung und Vernichtung“ als „Holocaust“ bzw. „Shoah“ bekannt ist, gehört zu den traurigsten Kapiteln der Geschichte. Was es in diesem Zusammenhang heißt, „Erinnerungskultur“ zu pflegen, konnten wir am Ende der Führung sowohl beim Entziffern einzelner „Stolpersteine“ erfahren als auch bei der Begegnung mit dem Schicksal Willy Lessings, nach dem eine Straße benannt ist. Letzte Station bildete der Synagogenplatz mit dem
begehbaren Mahnmal, das am Ort der fünften jüdischen Synagoge Bambergs steht, die während der Reichspogromnacht 1938 abgebrannt ist.
Im Frühjahr soll dieses Thema durch den Besuch der Ausstellung „Jüdisches in Bamberg“ im Historischen Museum vertieft werden.

Bericht und Fotos: Angela Kestler