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Gymnasium Bamberg

Taizé im Juli 2016

Abfahrt und Hinfahrt – Sortieren und Verstauen
Mit einer Rekordzahl von 119 Teilnehmern – trotz krankheitsbedingter Abmeldungen am letzten Tag – startete das E.T.A. wieder direkt nach dem Schulfest zur diesjährigen Taizé-Fahrt. Zunächst einmal galt es, auf dem dunklen Parkplatz an der Würzburger Straße die Neunt-, Zehnt- und Elftklässler, einen Abiturienten, elf Mitfahrer aus vier weiteren Bamberger Gymnasien und elf Betreuer mit ihren Koffern, Rucksäcken, Zelten, Isomatten und Schlafsäcken auf zwei Busse zu verteilen. Sobald dies geschafft war, stand eine ruhige Nacht bevor, welche die „Großen“ im komfortablen Fernreisebus, die „Jüngeren“ in einem unbequemen und engen Doppeldecker verbrachten. Zum Glück konnten die meisten schlafen und es ging gut voran, sodass wir rechtzeitig am Morgen in Taizé ankamen, jeder ausgestattet mit einem gelben Armband („Taizé-Fahrt E.T. A. Bamberg“) als Erkennungszeichen, das im Laufe der Woche zum begehrten Tauschobjekt wurde, aber auch als „Terroristenarmband“ beargwöhnt wurde.

Erste Eindrücke – ruhige Gebete, lange Essensschlangen und ein riesiger Zeltplatz
Wohl gestärkt durch ein typisches „Taizé-Frühstück“ (Tee oder Kakao, Baguette-Brötchen, Butter und Schokolade) ging es am Sonntag gleich nach dem Ausladen des Gepäcks in die Kirche zur Eucharistiefeier. Für manche Neulinge war es nach den wenigen Stunden Schlaf nicht ganz einfach mitzukommen: Steht die angezeigte Nummer jetzt im Liederbuch oder auf dem Extrablatt? In welchen Sprachen wird eigentlich gerade der Bibeltext vorgelesen? Was lange dauert bloß diese Stille und was tut man in dieser Zeit? Gehe ich am Ende zur Kommunion oder nehme ich „nur“ ein Stück gesegnetes Brot? Wann ist der Gottesdienst eigentlich aus – wenn alle Brüder aufstehen oder nach einem letzten Lied?
Zum Glück durften wir in diesem Jahr direkt nach der Meldung im „Casa“ die Zelte aufbauen und uns dafür selbst ein riesiges Areal aussuchen, auf dem dann gemeinsam fast 60 Zelte und ein riesiges „Event Shelter“ als „Dorfplatz“ aufgestellt wurden – Sonnenschutz, Treffpunkt, „Spielplatz“, Aushang für wichtige Informationen, „Abmeldestation“ vor dem Schlafengehen usw. Das Mittagessen war wie üblich am An- und Abreisetag – kalter Kartoffel- oder Nudelsalat, dazu die typischen „Taizé-Beilagen“ Käse oder Joghurt, Brot, Kekse und Obst, Leitungswasser, alles auf einem Tablett mit Plastikteller, Trinkschale und Löffel als „Multifunktionsgerät“. Während die einen danach bereits die neu angeschaffte Spielekiste mit Bällen, Jongliersachen und Hula-Hoop-Reifen ausprobierten, nutzten die anderen die Gelegenheit zum Gitarrespielen, Singen, Schlafen oder Erkunden des Geländes. Am Nachmittag gab es nach dem obligatorischen süßen Zitronentee mit Honigkuchen den offiziellen „Welcome“ in zwei Altersgruppen. Jeder erhielt einen Lageplan und eine erste Vorstellung, wie die Woche wohl verlaufen würde. Beim Abendessen waren die Schlangen bei der Essensausgabe schon länger, aber dennoch übersichtlich – knapp 2000 Jugendliche bedeuten in Taizé eine „ruhige Woche“, geschuldet dem Weltjugendtag in Krakau und (vermutlich) auch der angespannten Situation mit Furcht vor Terroranschlägen. Abendgebet, Nachtruhe um 23.30 Uhr – am ersten Tag war jeder froh, sich endlich im Zelt ausstrecken zu können.
Ein Blick auf den Wochenverlauf – vielfältige Erfahrungen bei hochsommerlicher Hitze
Was der Einzelne während der drei Gebetszeiten, bei den Bibeleinführungen, den international besetzten Gesprächsgruppen, der gemeinsamen Arbeit, bei der Begegnung mit Menschen aus aller Welt oder zusammen mit den Freunden aus Bamberg erlebt und erfahren hat, ist sehr individuell und wohl auch unterschiedlich. Für viele stand sicherlich die Gemeinschaft im Vordergrund, insbesondere das friedliche und bunte Miteinander der Kulturen, Konfessionen und auch Religionen, die selbstverständliche Zusammenarbeit zur Bewältigung der täglichen Aufgaben, die Offenheit im Gespräch und das Ausprobieren und Erweitern der eigenen Sprachkenntnisse. Andere suchten Ruhe und Besinnung, einen Ort zum Loslassen, eine Ahnung von Gottes Gegenwart, Orientierung, Wegbegleitung im Einzelgespräch, auf Wunsch auch mit einem Bruder, einer Schwester oder einem Priester. Für gesundheitliche Probleme kleinerer oder größerer Art standen in der Krankenstation El Abiodh Schwestern und Ärzte zur Verfügung, die im Ernstfall auch weitere Schritte einleiten konnten. Für wieder andere war es wichtig, nach einem langen, anstrengenden Schuljahr einfach nur zu relaxen, Spaß zu haben, die Seele baumeln zu lassen, in der hügeligen Landschaft von Burgund spazieren zu gehen oder sich sportlich zu betätigen, die Sonne zu genießen, ein Buch zu lesen, Musik zu hören bzw. selbst zu musizieren oder einfach nachts am „OYAK“ ausgelassen zu feiern.
Das alles kann man nicht so einfach auf einen Nenner bringen. Grundlegend ist wohl die Erfahrung, dass man in Taizé so sein darf, wie man ist, dass jeder in seiner Individualität geachtet, in seiner Schwäche gehalten und als Mensch bedingungslos angenommen wird, sei es nun von Gott, von den eigenen Freunden oder von Menschen, die einem in dieser Woche „geschenkt“ werden.
Wichtig ist auch, welches Vertrauen die Brüder den Jugendlichen entgegenbringen und was diese dort (und bei Jugendtreffen weltweit) organisatorisch, aber auch musikalisch und künstlerisch auf die Beine stellen, sei es bei der Mitgestaltung der Gebete, der Leitung von Gesprächsgruppen, bei Theateraufführungen oder Ländertreffen am Nachmittag oder bei der Vorbereitung von zusätzlichen Workshops zu verschiedenen Themen. Und auch wenn es bei einer Schulveranstaltung aus Gründen der Sicherheit ohne gewisse Regeln und regelmäßiges „Abhaken“ nicht geht, so war doch das Vertrauen der Betreuer und die Gewährung von Freiheit auf dieser Fahrt hoffentlich größer als das Bedürfnis nach Kontrolle. Dass Rucksäcke und Taschen aus Furcht vor Anschlägen zu jeder Gebetszeit von verantwortlichen Jugendlichen geprüft werden mussten, während vor der Kirche und am Eingang und Ausgang des Dorfes bewaffnete Soldaten zum Schutz abgestellt waren, zeigt einerseits, in welch bedrohlichen Zeiten wir leben, andererseits aber auch, wie nötig die Botschaft der Brüder von Frieden und Versöhnung ist, die ihr Leben als „Zeichen der Gemeinschaft“ verstehen.
Die meisten von uns werden bei der Heimkehr gestaunt haben, welcher Luxus zu Hause zur Verfügung steht, während man doch in Taizé mit so wenig und dennoch recht gut auskommt. Dies hinterfragt sicherlich den eigenen Lebensstil, motiviert zum Teilen und zum „Mut der Barmherzigkeit“, dem Jahresthema 2016. Gerade auch im Austausch mit Menschen aus ärmeren Ländern oder mit solchen, die sich für Benachteiligte und Ausgegrenzte engagieren, wurde deutlich, wie gut es die meisten von uns haben, zumindest materiell gesehen.
Abreise und Nachwirkungen der Fahrt
Bei der Heimreise zeigte sich, dass sich das biblische Wort von den Letzten, die die Ersten sein werden, manchmal auch ganz profan bewahrheitet: So erhielten die Neunt- und Zehntklässler nicht nur einen nagelneuen Vier-Sterne-Doppeldecker mit Luxusausstattung, sondern kamen auch deutlich früher als der andere Bus an, da ein Stau umfahren werden konnte. Kurz vor 22.00 Uhr konnte auch der zweite Bus von den wartenden Eltern und Freunden in Empfang genommen werden. Zwei Tage „verspätet“, aber reich an Erfahrungen durften nun auch die Taizé-Fahrer in die wohlverdienten Ferien starten.
Und wie soll es nun weitergehen? Gerade in den neunten Klassen war der Wunsch groß, etwas „Taizé“ auch am E.T.A. nachwirken zu lassen, sei es bei Gebeten in der Schulkapelle, einem Nachtreffen oder einer Taizé-Nacht. Interessante Impulse gab es auch beim „Deutschlandtreffen“ gegen Ende der Woche: Offenheit und Toleranz, Reflexion der eigenen Aktionen und Reaktionen, positives Wirken nach außen allem Negativem zum Trotz, Freundlichkeit gegen Unfreundlichkeit, Gemeinschaft gegen Einsamkeit, Vergebung statt Gewalt, Medienverzicht und Engagement in der Flüchtlingshilfe waren Aspekte, die von den beteiligten Jugendlichen als „Programm für Zuhause“ genannt wurden.
Ganz herzlichen Dank an alle Lehrkräfte und Betreuer, die sich für diese Fahrt zur Verfügung gestellt haben und letztlich rund um die Uhr „im Dienst“ waren, vor allem auch an die fünf ehemaligen Schülerinnen und Schüler, ohne deren Engagement als junge Kontaktpersonen eine Fahrt mit so vielen Fünfzehn- und Sechzehnjährigen nicht möglich gewesen wäre!

Bericht und Bilder: A. Kestler