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Gymnasium Bamberg

Europa macht Schule

Nein, ganz so schlimm sieht es mit den Geographiekenntnissen der Klasse 9k nun auch wieder nicht aus – natürlich liegt China in Asien und nicht in Europa (nebenbei bemerkt: Auch Australien gehört nicht zu Europa und hätte dieses Jahr beinahe den „Eurovision Song Contest“ gewonnen …). Gerade in einer Zeit, wo viele Staaten Europas wieder an die Abschottung ihrer Grenzen denken, freut es ganz besonders, dass junge engagierte Chinesen ihr Land im Rahmen eines Projektes vorstellen dürfen, für das es 2015/16 zu wenige interessierte Gaststudenten aus Europa gab. Der DAAD, das Akademische Auslandsamt der Uni Bamberg und das engagierte studentische Vorbereitungsteam von „Europa macht Schule“ machten die Zusammenarbeit schließlich möglich. Ganz herzlichen Dank dafür!
So kam nach Iryna aus der Ukraine nun auch die Germanistikstudentin Ning Yunjing aus China an unsere Schule. Bereits in der ersten Stunde gab sie einen farbenfrohen Einblick in die Besonderheiten ihres Landes. Doch zunächst einmal durften die 13 Schülerinnen und Schüler der 9k alles sammeln, was ihnen selbst zu China einfällt, sei es nun Kung-Fu, Tai-Chi, Qi Gong, Pandabären, die Chinesische Mauer, Reisbauern, große Feste, Akupunktur oder (immer wieder) das Essen, vor allem Peking-Ente. Dass China weit entfernt liegt, war schon irgendwie klar, dass es aber ca. 13.000 km in über 10 Stunden zu bewältigen gilt, überraschte dann doch. Yunjing gelang es, das riesige „Reich der Mitte“ mit Hilfe von einheimischen Tieren in seiner Unterschiedlichkeit vorzustellen. So steht der Schneeleopard für den Norden und Nordwesten, dort gibt es Berge und Schnee, der ausschließlich Bambus fressende Panda symbolisiert die Mitte und den Südwesten, wo es heiß ist, und der Stumpfnasenaffe die Mitte und den Westen. Die Heimat unseres Gastes ist Hu Bei in der Mitte von China. Hier kennt man eine besonders große Vielfalt an leckeren Gerichten, die virtuos miteinander kombiniert werden, sodass man allein schon aus kulinarischen Gründen dorthin reisen sollte. Aber natürlich gibt es viele andere wichtige Orte und Sehenswürdigkeiten in China, die man nicht verpassen sollte, z. B. die Große Mauer, den Kaiserpalast in der Verbotenen Stadt, den Himmelstempel, Teile der Seidenstraße usw.
In einer der nächsten Stunden stand dann erneut das Essen auf dem Programm, das - nebenbei bemerkt - mit dem Angebot deutscher Chinarestaurants nur wenig gemeinsam hat. Unsere chinesische Expertin stellte uns mit Hilfe von vier Farben, denen vier verschiedenen Typen von Menschen zugeordnet wurden, acht chinesische Kochkünste vor: orange steht für „einen starken Mann aus dem Norden“ (Shandong und Anhui Küche), rot für „einen umfassenden und profunden Gelehrten“ (Sichuan und Hunan Küche), grün für „eine schöne faszinierende Frau aus dem Süden“ (Jiangsu und Zhejiang Küche) und blau für „einem intelligenten und romantischen jungen Mann““ (Fujian und Hongkong Küche). Am Ende der Stunde sollten die Schülerinnen und Schüler die Bilder unterschiedlicher Gerichte den vorgestellten Kategorien zuzuordnen - ein Wettbewerb, den die Mädchengruppe deutlich für sich entscheiden konnte.
Mit der Klasse wurden so Schritt für Schritt fünf verschiedene Themenbereiche erarbeitet, die vergleichend betrachtet werden: Essen und Trinken, Bewegung und Sport, Musik, Feste und Feiern sowie Sprache. So kam es, dass in einer Stunde chinesischer Tee mit Rosinen und Sonnenblumenkernen (und deutschem Nusskuchen) serviert wurde, während in der nächsten Bamberger Hörnla, fränkische Krapfen und Urrädla (zum Probieren für unseren Gast) sowie Brotzeit und Schlenkerla (allerdings nur in der Theorie) auf dem Programm standen. Die Sandkerwa und das Oktoberfest werden schon bald Konkurrenz durch das chinesische Neujahresfest, das Frühlingsfest oder das Drachenbootfest erhalten, während sich die Fans der Brose Baskets und des FC Bayern München an Kung-Fu-Bewegungen und Qi Gong-Übungen versuchen dürfen. Auch die chinesische Sprache und Schrift sollen noch näher vorgestellt werden. Von deutscher Seite gab es bereits einen „Crashkurs Fränkisch“ vom „Madla“ über das „Weckla“ oder „Brödla“ zum „Ade“ oder „Adela“, ergänzt durch „a wengerla“, „fei“ und weitere typische Begriffe der „Ureinwohner“, die für chinesische Ohren zwar nicht „chinesisch“, aber doch fremdartig klingen. Musikalisch durfte sich unser Gast - nach einer kurzen Einführung in Klassik, Schlager, Pop und Volksmusik und einem „Ständchen“ auf der Tuba - unter fachkundiger Anleitung von Andre selbst an diesem völlig ungewohnten Instrument ausprobieren. Wer weiß, welche fernöstliche Klänge nach den Pfingstferien noch auf uns warten?
Höhepunkt des Projekts wird sicherlich der „Chinesische Nachmittag“ im Anschluss an die Bundesjugendspiele werden. An diesem Tag wollen wir zuerst gemeinsam kochen und essen und danach verschiedene Atem- und Bewegungsübungen ausprobieren bzw. miteinander Basketball und Fußball spielen. Auf der „Menükarte“ stehen bereits chinesische Teigtaschen Jiaozi mit Hackfleisch-Eier-Zwiebel-Füllung sowie Reis mit Kartoffeln, Auberginen, Paprika und Knoblauch (die vegetarische Variante), die Fränkische Brotzeit wird mit „Obatz’m“/„G’rupt‘m“ und verschiedenen Wurstspezialitäten aufwarten, als „Nachtisch“ sind verschiedene Kuchen geplant.
Am 17. Juni erhält dieses Projekt die Gelegenheit, sich in den Räumen der Uni Bamberg am Markusplatz einem größeren Publikum vorzustellen. Als Lohn „winkt“ eine Urkunde (und hoffentlich viel Beifall!). Doch auch ohne diese Veranstaltung waren die bisher miteinander verbrachten Stunden spannend, erfahrungsreich und lebendig – und hoffentlich ein Beitrag zur Völkerverständigung und zum Abbau von Vorurteilen. Vielen Dank an Yunjing für ihre gewissenhafte Vorbereitung und die lebendigen Begegnungen!

Angela Kestler für die Klasse 9k