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Gymnasium Bamberg

Ukrainischer Abend

Mitte März veranstaltete die Klasse 8d mit ihrer Klassenleiterin Angela Kestler und der Gaststudentin Iryna Arabadzhian aus der Ukraine einen informellen Klassenelternabend der ganz besonderen Art. Dieser setzte den Schlusspunkt unter einige spannende Wochen im Rahmen des Projekts „Europa macht Schule“, das jedes Jahr in Zusammenarbeit mit Studierenden der Universität Bamberg durchgeführt wird. Nach abwechslungsreichen Stunden des Kennenlernens, der Vorbereitung in Kleingruppen, des Arbeitens und Probens im Deutschunterricht, oft auch zusätzlich am Nachmittag („Mittelstufe plus“ macht’s möglich!“), konnte die „Nacht der Nächte“ starten. Trotz so mancher Aufregungen im Vorfeld gelang am Ende ein buntes Programm von über zwei Stunden, an das sich ein leckeres Büfett und eine turbulente Übernachtung der gesamten Klasse im Schulhaus anschlossen.
Bereits beim Eintreffen der Gäste kurz vor 19.00 Uhr konnte man den leckeren Geruch von ukrainischen Spezialitäten im Treppenhaus des E.T.A. Hoffmann-Gymnasiums wahrnehmen, denn die Vorbereitungen hatten schon am Nachmittag begonnen und die Suppe blubberte bereits im Topf. In der Aula leuchteten die Stellwände mit bunten Postern und die ukrainischer Flagge sowie die Dekoration in Blau-Gelb (Zeichen für den Himmel und den Weizen) um die Wette.
Die Veranstaltung begann mit dem Klavierstück „Märchen“ von Dmitri Kabalewsky. Danach durften sich alle auf Ukrainisch begrüßen. Auch Frau Kestler hieß die Gäste herzlich willkommen (sicherheitshalber auf Deutsch) und Iryna stellte sich, ihr Studium und das Projekt „Europa macht Schule“ vor. Es folgten Landesinformationen in Form einer interessanten Power-Point. Wusstet ihr zum Beispiel, dass die Ukraine das größte Staatsgebiet besitzt, das vollständig in Europa liegt? Als Nächstes warben einige Schülerinnen als Reiseveranstalter „Ukraine Tours“ lebendig für eine Rundreise durch die Ukraine, bei der es eindrucksvolle Sehenswürdigkeiten zu besichtigen gibt: „Mit E.T.A.-Reisen zu guten Preisen!“
Ein Großteil des Abends stand unter dem Motto „Feste und Bräuche in der Ukraine und bei uns“. Dabei wurde zunächst das Geheimnis gelüftet, warum Iryna auf ihr Osterfest noch bis zum 1. Mai warten muss, während die meisten Gäste im Saal in diesem Jahr schon Anfang April feiern dürfen. Das liegt daran, dass bei den orthodoxen Christen Osteuropas die Festtage nach dem julianischen Kalender (nach Gaius Julius Caesar) bestimmt werden, während Katholiken und Protestanten im Westen dem gregorianischen Kalender (nach Papst Gregor XIII.) folgen.
Als Einstieg in das Neujahrsfest führte die Tanzgruppe zu einem populären ukrainischen Musikstück einen Bändertanz auf, der mit Begeisterung vom Publikum aufgenommen wurde. Die Mädchen hatten die folkloristisch angehauchten Schrittfolgen und Bewegungen nicht nur selbst choreographiert, sondern auch bunte Blumenbänder als Kopfschmuck gebastelt. Ein „Hausfrauendialog“ verglich im Anschluss daran den Neujahrsabend in einer ukrainischen Familie mit der deutschen Silvesterparty. Dass es an diesem Tag Geschenke gibt und den traditionellen Salat „Olivier“ mit Kartoffeln, Erbsen, Gurken, Eiern und Karotten, war doch für die meisten neu. Der Heilige Abend beginnt in der Ukraine am 6. Januar mit dem ersten Stern am Himmel. Es gibt zwölf verschiedene fleischlose Speisen (stellvertretend für die zwölf Apostel), da die Wochen zuvor als Fastenzeit gelten, wie die „Kochgruppe“ erklären konnte, die auch eine anschauliche Speisekarte erstellt hatte. Besonders farbenfroh und stimmungsvoll war der Auftritt der beiden „Sternsingergruppen“. Traten die „Drei Könige“ mit Kronen und langen Gewändern auf, folgte dem ukrainischen Sternträger ein Kosake, ein Astrologe, ein Großvater mit Ziege und die „Mihonosha“. Ein Klarinettenduo unterstützte die Wortbeiträge musikalisch. Zum Abschluss der Weihnachtsbräuche wurde der „Shchedryk“ gesungen, begleitet von Klavier, Klarinetten und Percussion. Dieses Lied ist auch als „Carol of the Bells“ bekannt und versetzte das Publikum trotz frühlingshaften Wetters in weihnachtliche Stimmung. Karneval bzw. Fasching wurde in Form einer Spielszene unter Studierenden in einer Wohnheimsküche vorgestellt. Auch in der Ukraine gibt es einen Faschingszug und Verkleidungen, allerdings keine Cowboys oder Prinzessinnen, sondern traditionelle Trachten, die ein Schüler im Anschluss sachkundig vorstellte. Ähnlich wie beim „Winteraustreiben“ wird bei den Umzügen eine Strohpuppe verbrannt. Leckere Pfannkuchen (Bliny) dürfen nicht fehlen. Lustig wurde es bei einem Wettspiel, einer Art Kissenschlacht, bei der sich jeweils zwei Mütter, zwei Väter und zwei Kinder aus dem Gleichgewicht bringen mussten. Nach einem musikalischem Kunstgenuss, einem Cellostück von Tschaikowsky, erklärte Iryna, wie die Ukraine den Frauentag und den Männertag begeht. Alle Eltern erhielten von ihren Kindern ein kleines Geschenk überreicht. Die Ostergruppe hatte u. a. den traditionellen Ostergruß, das „Eierklopfen“ und typische Ostergerichte im Programm, z. B. einen von Iryna selbst gebackenen Hefekuchen mit Baiser. Nationalstolz kam auf bei der Vorstellung des ukrainischen Unabhängigkeitstags, der am 24.08. gefeiert wird. Die Nationalhymne wurde gespielt, es gab Geschichtliches zu hören und am Ende ein kurzes Video über die Schönheit des Landes, die Vielfalt seiner Bewohner und ihre Hoffnung auf Frieden und Freiheit. Der Nikolausabend wurde wieder in Form eines Rollenspiels mit Bildpräsentation vorgestellt. Im Anschluss daran erhielten diesmal alle Kinder bunte Päckchen mit ukrainischen Bonbons. Ein „Crashkurs Ukrainisch“ knüpfte an die ukrainische Begrüßung an und endete in einem souverän vorgetragenen Dialog über Alltagssorgen Jugendlicher. Auch das Zählen wurde geübt. Letzter Programmpunkt vor einem lustigen Memory-Spiel mit Publikum war ein Blick auf berühmte Persönlichkeiten. Den Namen „Klitschko“ wird wohl jeder mit der Ukraine (und mit Boxen) verbinden, dass aber auch David Copperfield und Silvester Stallone ukrainische Wurzeln haben, ist weniger bekannt.
Nach einem abschließenden Klaviervortrag begann die Schlacht am Büffet. Verschiedene ukrainische Speisen, ergänzt durch leckere kulinarische Spenden der Eltern (noch einmal ganz herzlichen Dank dafür!!!), wurden von allen mit Heißhunger in Angriff genommen. Ob süß oder salzig, heiß oder kalt, es war für jeden etwas dabei, zum Beispiel Borschtsch, eine ukrainische Suppe aus Rote Bete und Weißkohl, Kutja, ein süßer Weizensalat mit Nüssen, Rosinen und Honig, dazu eingeweichtes Trockenobst als Kompott, oder auch Wareniki, Teigtaschen mit leckerer Kartoffelfüllung und Zwiebeln - und natürlich die unvermeidlichen Pfannkuchen, frisch gebacken und mit Obstquark, Nutella oder Marmelade serviert. Dass es neben dem Essen auch viel zu besprechen gab und die Eltern sich untereinander und mit anwesenden Lehrern unterhalten konnten, versteht sich von selbst - „Erziehungspartnerschaft“ ganz zwanglos umgesetzt.
Mit der Verabschiedung der Eltern begann der „lockere“ Teil des Abends, vor dem allerdings noch das Aufräumen stand. Danach lernten einige Mädchen bei Iryna ukrainische Muster zu sticken, andere schauten sich einen Film an, wieder andere sangen bis in den frühen Morgen mit Herrn Sturm zur Gitarre – so richtig zum Schlafen kam letztlich niemand. Am nächsten Morgen wurde noch mit Kuchen und Brötchen gefrühstückt, alles sauber gemacht und der letzte Rest des Essens verteilt („Wer will noch etwas Borschtsch zum Mittagessen???“), ehe die Eltern zum Abholen kamen. Zum Glück konnte das Wochenende zum Ausschlafen genutzt werden.
Einige „Highlights“ des Programms, dazu eine Kurzfassung aller Beiträge, wird die Klasse 8d am 17. Juni im Rahmen der Abschlussveranstaltung „Europa macht Schule“ an der Uni Bamberg vor allen beteiligten Schulen vorstellen. Auch eine Urkunde gibt es dort in Empfang zu nehmen.

Laura Grimm und andere Schülerinnen der Klasse 8d, Angela Kestler

 

Bilder: Kestler