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Gymnasium Bamberg

„Das Weltende schreiben…“

„In der Schule wird geschrieben…“ – das ist eigentlich nichts Besonderes, schon gar nicht an einem Gymnasium. „Das Weltende schreiben…“ – hier in Bamberg, bei uns am E.T.A. Hoffmann-Gymnasium, mitten im Deutschunterricht. Steht es wirklich schon so schlimm um uns?

Weltuntergang (anonym)

Der Lärm – von allem:
Musik aus Kopfhörern,
die Werbung aus dem Radio,
das Hupen der Autos,
auch das Zwitschern der Vögel,
der Wind in den Bäumen,
das Rauschen des Meeres,
alles, alles verstummt
für einen kurzen Moment.

Der Weltuntergang!
Und dann?

Dann geht es weiter.
Der Lärm – von allem.
Er bleibt.

Zugegeben – der Ansatzpunkt für die Schreibwerkstatt in der Klasse 10r Ende November war die vorletzte Jahrhundertwende. Viele Menschen fühlten sich damals überfordert von all dem, was man „Moderne“ nannte, wollten lieber am Alten festhalten, das bisher Sinn und Halt gegeben hatte. Andere sehnten die Apokalypse herbei, weil sie sich darin nicht nur den Untergang, sondern Raum für Aufbrüche und Neuanfang erhofften. Hier lässt sich eine Brücke schlagen zwischen gestern und heute. Leben wir nicht selbst in einer Zeit des Umbruchs? Stehen wir nicht auch an einer Schwelle zu etwas Neuem?

12 Schritte zum Anfang (Anna Hinic)

Ende
ist
Angst
ist
Misstrauen
ist
Hass
ist
Gewalt
ist
Schmerz
ist
Trauer
ist
Rückzug
ist
Verlust
ist
Einsamkeit
ist
neu
ist
Anfang

 

Am Anfang des kreativen Schreibens stand eine Einheit aus Texten, Bildern, Film- und Spielszenen sowie Hörbeiträgen, die Martin Beyer den Jugendlichen in rasanter Geschwindigkeit präsentierte, ein Leuchtfeuer von Eindrücken und Wahrnehmungsfetzen, von Bekanntem und Neuem, Bildnerischem und Poetischem, von Farben, Formen, Klängen, Tönen und immer wieder Wörtern. Das expressionistische Gedicht „Weltende“ von Jakob van Hoddis bildete den Anfang, es folgten Gemälde von Ludwig Meidner, Texte von Martin Beyer, Christine Lavant, Georg Trakl, Kurt Pinthus, Gustav Sack, Theresa Roth, Else Lasker-Schüler, ein Filmausschnitt aus „Metropolis“ von Fritz Lang, der Rap „Schwarz zu Blau“ von Peter Fox, Eduard Munchs berühmtes Bild „Der Schrei“, Gedanken zum Klimawandel, Fotos von „Fridays for Future“…

Weltuntergang (Marlen Strohmeier)

Die Ungerechtigkeiten,
Das Leid vieler,
Die Armut der Ausgebeuteten,
Der Krieg der Reichen,
Die Not der Tiere.
Alles wird zu Grunde gehen
Und auch die Welt wird sich nicht mehr weiterdrehen

Inspirieren diese Impressionen zum Schreiben? Gelingt es, achtsam zu sein, die Wahrnehmung zu schärfen, die innere Stimme zu hören und sie zu Papier zu bringen?
In der Klasse 10r wurde nach diesem breit gefächerten „Input“ – verteilt auf mehrere Klassenzimmer - nachgedacht, in sich hinein gespürt, Wichtiges in Sprache gefasst, an Form und Inhalt gefeilt, nachgebessert, noch einmal geschrieben…

Das Ende der Welt (Simon Meisel)

So hell und froh ist unsre Welt,
wie sie uns Menschen gut gefällt,
wir leben hier in Saus und Braus,
doch ist es irgendwann mal aus?

Was noch geschieht, muss man sich fragen,
vielleicht ja mal was Neues wagen,
wenn bald die Welt verloren geht
am Himmel nur noch Schwärze steht.

Die Welt neigt sich dem Ende zu,
der Mensch, das Tier, sie komm‘n zur Ruh,
Gebäude fallen, Menschen schrei’n
und das soll jetzt schon alles sein?

Die Ursache, ihr wisst sie nicht?
Der Klimawandel ist in Sicht,
Überflutung, Hitze und der Durst,
irgendwann ist’s nicht mehr Wurst.

Beeindruckend war die anschließende Präsentation vieler der Werke im Plenum. Souverän im Vortrag, kreativ und lebensnah, fantasievoll und ehrlich die Textbeiträge, sensibel, wertschätzend und konstruktiv das Feedback im „geschützten Raum“ einer vertrauensvollen Klassengemeinschaft. Deutlich wurde bei fast allen Texten, wie stark „Corona“, aber auch der Klimawandel das Leben und die Zukunftsvorstellungen prägen.

Einige der Texte durften mit Zustimmung der Autor(inn)en hier „eingebaut“ werden. Vielen herzlichen Dank dafür! Aber auch ein ganz großes Dankeschön an alle für das gute Miteinander, an Martin Beyer für das feinfühlige und motivierende Hineinführen in die Welt des Schreibens und an den KS:BAM für die finanzielle Förderung des Projekts!

(Angela Kestler, Schülerinnen und Schüler der Klasse 10r)

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