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Wo ist denn die Leiche hin?

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Leiche Flyer Seite 1

 

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Bilder: Anja Kießling

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„Wo ist denn die Leiche hin?“


Ein begeisternder Krimiabend mit der Theatergruppe der 7. Klassen


Dass im Krimi eine Leiche gefunden wird, gehört zu den üblichen Bausteinen dieses Genres. Dass die Leiche dann wieder verschwindet, ist eher ungewöhnlich. Aber mit genau diesem Problem beschäftigte sich die Theatergruppe der Klasse 7 in der Krimikomödie „Eine Leiche auf der Flucht“ von Horst Helfrich, die unter der Leitung von Jürgen Schlauch in einer witzigen und unterhaltsamen Art auf die Bühne gebracht wurde.
Wobei: „Bühne“ trifft es nicht wirklich – spielte die Truppe doch im Foyer des E.T.A., was, wie der Spielleiter in seiner Begrüßung erklärte, durchaus für Probenprobleme sorgte, da eigentlich nie geprobt werden konnte, ohne dass passierende Schüler durchs Bühnenbild liefen. Dennoch war die Wahl des Ortes gelungen, denn das Foyer eignete sich aufgrund seiner Treppen und Türen hervorragend für das Stück, das in einem Mietshaus spielt.
Und dort wundert sich der Hausmeister Keimling, äußerst glaubhaft mit Kittel und Zeitung von Frederik Schwarzenberger verkörpert, darüber, dass dort, wo er gerade noch eine Leiche im Treppenhaus gefunden und deswegen die Polizei verständigt hat, nur noch ein Blutfleck zu sehen ist. Energisch, hochkonzentriert und mit vielen mimischen, sprachlichen und gestischen Nuancen spielt Frederik diesen misstrauischen Hausmeister die ganze Stückdauer über. Seine Lebensgefährtin, die Witwe Vogelkorn (hervorragend komisch in ihrer Neugier und Geschwätzigkeit von Leni Föhrweißer auf die Bühne gebracht), hat sofort Verdächtige für den bislang unbekannten Täter und das verschwundene Opfer im Haus ausgemacht. Und so lernt das Publikum die eigenartigen Bewohner dieses Hauses kennen: Den Finanzbeamten Gugelrock (herrlich korrekt von Anton Franz dargestellt), seine Frau (aufbrausend und stets misstrauisch von Ida Harrer verkörpert), als Ausgleich dazu die betont gleichgültig von Merle Riemer gespielte Frau Stangenbrodt oder die Bibliothekarin Frau Popp, die diesen mysteriösen Fall aufregend findet – reflektiert er doch das, womit sie sich am liebsten befasst, nämlich Kriminalfälle. Theresia Schilling geht richtig auf in dieser Rolle, was für einige Lacher sorgt. Was zunächst keiner bemerkt: Leise schleicht sich der Schriftsteller Phil Cassner nach einem nächtlichen Besuch bei der Schauspielerin Ava Milko zurück in seine eheliche Wohnung – doch dazu später.
Zunächst nämlich kommt nun das Ermittlerduo an, um den Fall zu klären. Tobias Voll schlüpft so vollkommen in die Rolle des von sich äußerst überzeugten, übereifrigen und dennoch etwas verwirrten Kommissars Kümmel, dass es zu vielen komischen Szenen kommt – nicht zuletzt dadurch, dass er weder die persönlichen Daten des Hausmeisters, den er befragt, korrekt wiederholt noch dessen Namen jemals wirklich lernt: Er nennt ihn konsequent „Saatgut“ statt Keimling. Unterstützt wird er von seiner Sekretärin Fritzi Kulke, die von Lucy Droll in einer schönen Mischung von Pflichtbewusstsein und ironischer Distanz zu ihrem Chef dargestellt wird. Nun erfährt der Zuschauer in einem Wechsel von Ermittlung und Unterhaltungen der Hausbewohner einiges über die letzte Nacht, in der sowohl die Tat als auch das Verschwinden der Leiche stattgefunden haben müssen. Phil Cassner (gewandt und selbstbewusst: Mattis Betz) verstrickt sich in Lügen, die ihm seine Frau (hier schon etwas misstrauisch: Maria Hespelein) nicht so ganz abzunehmen scheint, ebenso wie Frau Vogelkorn, die mit Frau Stangenbrodt im Theater gewesen sein will, um die Schauspielerin Ava Milko zu sehen. Diese hatte aber gar keine Vorstellung, wird dafür aber von Ada Müller wunderbar divenhaft und graziös gespielt. Und es wird klar, dass die Schauspielerin nicht nur Phil Cassner näher kennt, sondern auch den braven Finanzbeamten Gugelrock.
Es kommt dennoch zu einem entscheidenden Ermittlungserfolg: Am Tatort findet Kommisar Kümmel einen Fussel, der aus einem Mantelfutter stammt: „Der Fussel leistete keinen Widerstand“, und so werden nun alle Mäntel der Hausbewohner untersucht. So richtig erhellend ist das nicht, auch wenn ein nicht vorgesehener Weiterverkauf eines Mantels innerhalb des Hauses aufgedeckt wird und die Bibliothekarin zum Beweis ihrer Unschuld und zum allgemeinen Erstaunen ihren Bademantel weit öffnet. Eine bisher wenig in Erscheinung getretene Bewohnerin liefert aber noch einen weiteren Hinweis: Die von Laura Postler sehr fürsorglich verkörperte Friseurin Scheiblein weist nämlich auf ihren Freund Hänschen Kniebel hin, der im Rahmen seines Medizinstudiums Leichen aufschneiden muss. War er für das Verschwinden der Leiche verantwortlich?
Kommissar Kümmel kündigt schließlich die Aufklärung des Falls an. Wie bei Agatha Christie werden hierzu alle Bewohner zusammengeholt und die große Entdeckung beginnt. Allerdings anders, als sich der Kommissar das vorgestellt hat: Es wird alles Mögliche geklärt – der mysteriöse Brötchenklau am Morgen, die Weitergabe persönlicher Röntgenbilder, die Liebschaften der Schauspielerin mit den verheirateten Männern, der Klau von Finanzamtsakten – nicht aber der Fall. Das Stück wird immer verwirrender und damit aber auch sehr lustig. Und an der Aufklärung des ursprünglichen Falls ist der Kommissar gar nicht beteiligt, denn die verschwundene Leiche war, wie sich nun herausstellt, der in seiner Weinlache liegende, schlafende Medizinstudent Kniebel, der, wie es Justus Widmer glaubhaft spielt, immer noch mit den Nachwirkungen seiner Zechtour zu kämpfen hat. Entdeckt wurde er von der von Ella Nordmann sehr gewissenhaft auf die Bühne gebrachten Zeitungsausträgerin Freitag, die auch sein Verschwinden bestätigt. Und der Mantelfussel? Der stammte offensichtlich vom Kommissar selbst, der entgegen seiner vollmundigen Ankündigungen damit leider keinen Anteil an der Aufklärung hatte.
Gut 80 Minuten spielte die Theatergruppe hoch konzentriert und engagiert, sodass die Aufführung beste Unterhaltung bot. Besonders beeindruckend war die Teamleistung – in allen Szenen merkte man, wie die Schauspieler:innen miteinander agierten, aufeinander eingingen und so dem Stück die nötige Schnelligkeit und Spannung verliehen. Die Kostüme waren mit besonderer Sorgfalt gewählt und wirklich stimmig – von der Krawatte des Finanzbeamten über die Schiebermütze des Kommissars bis hin zur Brille seiner Sekretärin. Leonie Lewin (???) und Emilia Stadlmayr waren als Souffleusen stets zur Stelle, wurden aber so gut wie nicht gebraucht. Für das passende Licht und den richtigen Ton sorgte in gewohnter Zuverlässigkeit Alwin Hellwich. Jürgen Schlauch ist mit seiner Truppe ein wirklich beeindruckender Theaterabend in ungewöhnlicher Kulisse gelungen, der weit über ein „Unterstufentheater“ hinausgeht. Großer Applaus belohnte die Truppe am Ende.